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Klare Regeln für vorzeitigen Abbruch und Unternehmensaustritt: Weiterbildungsvereinbarungen mit Rückzahlungsverpflichtung

Arbeitnehmer, welche eine Weiterbildung während eines laufenden Arbeitsverhältnisses machen, werden oft finanziell durch die Arbeitgeberin unterstützt. Um Konflikte hinsichtlich Rückzahlungsverpflichtung bei (vorzeitiger) Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden, empfiehlt es sich, klare Regeln zu vereinbaren. Der Beitrag thematisiert die wichtigsten Aspekte solcher Weiterbildungsvereinbarungen.

Von: Leena Kriegers-Tejura   Teilen  

lic.iur. Leena Kriegers-Tejura

Leena Kriegers-Tejura ist selbstständige Rechtsanwältin und Partnerin bei Bürgi & Kriegers-Tejura Legal in Zürich. Sie ist Fachanwältin SAV Arbeitsrecht und Dozentin/Expertin bei Fachhochschulen, höheren Fachschulen und Erwachsenenbildungsinstituten. Auf Anfrage führt sie auch betriebsinterne Schulungen zu arbeitsrechtlichen Themen durch.

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Klare Regeln für vorzeitigen Abbruch und Unternehmensaustritt

Allgemeines
Mit Weiterbildungsvereinbarungen versucht die Arbeitgeberin, einen Arbeitnehmer für eine gewisse Zeit nach Abschluss der Weiterbildung an das Unternehmen zu binden. Wenn die Arbeitgeberin die Weiterbildung finanziell mitträgt, ist dieser Wunsch durchaus nachvollziehbar. In einer Weiterbildungsvereinbarung wird daher oft das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers einseitig eingeschränkt. Gerichte haben diese Möglichkeit grundsätzlich anerkannt.

Klare Regeln über Weiterbildungsvereinbarungen sind im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gesetzlich nicht zu finden. Gewisse Gesamtarbeitsverträge sehen Regelungen vor, welche nicht allgemeingültig sind. Das auf den 1. Januar 2017 in Kraft getretene Weiterbildungsgesetz (WeBiG) soll die Qualität und Transparenz von Weiterbildungsangeboten fördern und die Chancengleichheit verbessern. Das WeBiG regelt aber nicht die Rechte und Pflichten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeberin in Bezug auf Weiterbildungen. In öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen sehen gewisse Personalerlasse Regelungen vor. Deshalb muss für Weiterbildungsvereinbarungen im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis auf die Rechtsprechung zurückgegriffen werden.

Abgrenzung Weiterbildung/betriebsbedingte Weiterbildung («Ausbildung»)
Ausbildungen, welche rein betriebsbedingt absolviert werden müssen und dem Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt keinen eigentlichen Vorteil bringen, muss die Arbeitgeberin finanzieren. Diese Ausbildungen werden regelmässig durch die Arbeitgeberin angeordnet und sind zwingend zu besuchen. Der Arbeitnehmer braucht das Wissen, um die Tätigkeit im Betrieb durchführen zu können; es handelt sich dabei regelmässig um Kosten im Zusammenhang mit der Einarbeitung des Arbeitnehmers (z.B. Schulung auf einem bestimmten Programm oder interner Betriebsabläufe etc.). Bei diesen Ausbildungen werden üblicherweise keine Diplome/ Zertifikate ausgestellt und bringen dem Arbeitnehmer somit ausserhalb des Betriebs keine Vorteile. Bei solchen Ausbildungen handelt es sich um notwendige Auslagen. Notwendige Auslagen sind durch die Arbeitgeberin zu finanzieren, was sich aus Art. 327a Obligationenrecht (OR) ergibt. Deshalb kann für solche Kosten keine Rückzahlungsverpflichtung bei einer möglichen Kündigung durch den Arbeitnehmer vorgesehen werden.

Bei Weiterbildungen, welche nicht zwingend notwendig sind, für die Arbeitgeberin wohl aber einen Vorteil bieten können, sieht es anders aus. Kosten solcher Weiterbildungen hat der Arbeitnehmer grundsätzlich selbst zu tragen. Oft beteiligt sich die Arbeitgeberin freiwillig an den Kosten oder übernimmt diese gar vollständig. Verständlich aber, dass die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer für eine gewisse Dauer verpflichten will.

Zulässigkeit von Rückzahlungsverpflichtungen
Aus der Rechtsprechung lässt sich ableiten, dass Weiterbildungsvereinbarungen mit einer Rückzahlungsverpflichtung zwingend vor Beginn der Weiterbildung abgeschlossen werden müssen. Begründet wird dies mit dem Persönlichkeitsschutz. Die Vereinbarung muss dabei den zurückzubezahlenden Betrag nennen und auch den genauen Rückzahlungsplan aufstellen, während welcher die Rückzahlungsverpflichtung gelten soll. Solche Klauseln sind daher grundsätzlich rechtens.

Umfang der Rückzahlungsverpflichtung
Die Parteien sollten klären, was alles unter die Rückzahlungsverpflichtung fällt. In erster Linie geht es sicherlich um die Weiterbildungskosten (Kosten für Unterricht, Lehrmittel, Prüfungsgebühren). Möglich ist auch, dass Arbeitnehmer während der Arbeitszeit eine Weiterbildung absolvieren können und diese somit auch Arbeitszeit aufschreiben können. Das heisst, die Arbeitgeberin erklärt sich bereit, den Lohn auch während der Absenz für eine Weiterbildung zu bezahlen. Zu klären wäre demnach, ob allenfalls Lohn zurückbezahlt werden muss. Gemäss Rechtsprechung muss dies zwingend eindeutig vereinbart werden, wobei die Anforderungen an eine solche Verpflichtung sehr streng sind.

Rückzahlungspflicht bei Kündigung des Arbeitsverhältnisses
In der Praxis werden bei Rückzahlungsklauseln die Bestimmungen und die Rechtsprechung zum nachvertraglichen Konkurrenzverbot herangezogen, d.h., anwendbar sind die Art. 340 ff. OR. Insbesondere Art. 340 Abs. 2 OR ist analog anwendbar. Dieser Artikel regelt den Wegfall des Konkurrenzverbots bei einer Kündigung durch die Arbeitgeberin. Analog gilt dies auch bei Rückzahlungsklauseln. Wenn der Arbeitnehmer keinen Anlass zur Kündigung setzt oder die Arbeitgeberin aus wirtschaftlichen Gründen kündigt, fällt eine solch vereinbarte Rückzahlungsverpflichtung weg. Und wenn der Arbeitnehmer kündigt, weil die Arbeitgeberin ihm einen begründeten Anlass dazu gegeben hat (z.B. grobe Persönlichkeitsverletzung, Nichtgewährung einer versprochenen Beförderung, ungerechtfertigte Lohnkürzung etc.), kann die Verpflichtung ebenfalls wegfallen.

Beschränkungen der Rückzahlungsverpflichtung
Da die Bestimmungen des nachvertraglichen Konkurrenzverbots analog Anwendung finden, sind Rückzahlungsklauseln einzuschränken. Somit kann im Privatrecht die Dauer der Rückzahlung auf maximal drei Jahre ausgedehnt werden.

Damit das Kündigungsrecht des Arbeitnehmers nicht zu stark eingeschränkt wird, müssen die Rückzahlungsverpflichtungen zudem degressiv ausgestaltet werden. Das heisst, je länger ein Arbeitnehmer nach der Weiterbildung noch im Unternehmen verbleibt, desto weniger muss er zurückbezahlen. Diese degressive Ausgestaltung kann sich auf Jahre oder auf Monate beziehen. Beispielsweise regelt man, dass für jedes Jahr bzw. jeden Monat, welcher der Arbeitnehmer das Unternehmen früher verlässt, er einen gewissen Prozentsatz der übernommenen Weiterbildungskosten (welche genau zu definieren sind) zurückerstatten muss.

Abbruch der Weiterbildung/Nichtbestehen der Weiterbildung
Im Fokus sollte nicht nur die Verpflichtung stehen, was geschieht, wenn ein Arbeitnehmer nach Abschluss der Weiterbildung das Unternehmen verlassen will. Auch die Fälle des Abbruchs oder Nichtbestehens der Weiterbildung sind wesentliche Elemente einer Weiterbildungsvereinbarung. Grundsätzlich sind solche Regelungen erlaubt. Im Einzelfall könnte es missbräuchlich sein, wenn die Arbeitgeberin sich auf die Rückzahlung beruft. Dies dürfte dann zutreffen, wenn die Arbeitgeberin das Nichtbestehen (mit) zu verantworten hat, z.B. weil der Arbeitnehmer keine Zeit für die Prüfungsvorbereitung erhielt. Sinnvoll ist es dennoch, eine solche Regelung aufzunehmen.

Wesentliche Inhalte einer Weiterbildungsvereinbarung
Beim Verfassen einer Weiterbildungsvereinbarung mit Rückzahlungsverpflichtung ist es ratsam, folgende Punkte miteinzubeziehen: 

  • Weiterbildungskosten aufführen unter Nennung des Rückzahlungsbetrags (Weiterbildungskosten, Prüfungsgebühren, Lohn etc.)
  • Bei auswärtigen Weiterbildungen: Regelung über Spesen (Reise-, Verpflegungs- oder Übernachtungskosten)
  • Verpflichtung der Rückzahlung bei Kündigung durch Arbeitnehmer nach Beendigung der Weiterbildung
  • Regelung bei Kündigung durch Arbeitnehmer während der Weiterbildung
  • Klare Definition über Zeitdauer, innert welcher eine Rückzahlungsverpflichtung besteht (max. drei Jahre im Privatrecht analog Art. 340c Abs. 2 OR)
  • Degressive Ausgestaltung der Rückzahlungsverpflichtung
  • Regelung im Falle eines Abbruchs der Weiterbildung oder bei Nichtbestehen der Weiterbildung
  • Regelung für Kündigung durch Arbeitgeberin
  • Fälligkeit der Rückzahlung
     

Exkurs: Bundesbeiträge für Weiterbildungen
Seit Januar 2018 werden Absolvierende von Kursen, die auf eine eidgenössische Prüfung vorbereiten, finanziell unterstützt. Sie können einen entsprechenden Antrag beim Bund stellen. Der Bund übernimmt nach Absolvieren der eidgenössischen Prüfung 50% der angefallenen Kursgebühren, maximal aber CHF 9500.– (bei einer Berufsprüfung) beziehungsweise CHF 10 500.– (bei einer höheren Fachprüfung). Der Absolvierende muss ein Gesuch stellen, um die Beiträge zu erhalten. Weitere Informationen zu den Voraussetzungen wie auch die zur Online Gesuchseingabe sind auf der Homepage des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation SBFI (www.sbfi.admin.ch) zu finden.

Fazit
Weiterbildungsvereinbarungen mit einem Arbeitnehmer, welche eine Rückzahlungsverpflichtung vorsehen, sind angemessen einzuschränken. Die Zeitdauer, über welche die Rückzahlung erfolgen muss, sollte drei Jahre im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis nicht übersteigen. In GAVs oder öffentlich-rechtlichen Erlassen kann es andere Regelungen geben, die zu beachten sein könnten. Es empfiehlt sich, die oben erwähnten Punkte in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer zu regeln. Unbedingt sollte diese Vereinbarung vor Beginn der Weiterbildung abgeschlossen werden.

(Dieser Praxisfall ist in der Ausgabe April 2024 von personalSCHWEIZ erschienen)

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