Experten-Interviews

April 2018

Personalentwicklung: «Auf die interne Karte setzen»

Gute Mitarbeitende fallen nicht vom Himmel. Durch gezielte Förderung des Personals versucht Rivella, den künftigen Herausforderungen auf dem Stellenmarkt zu begegnen. Wir sprechen mit Markus Krienbühl, Leiter Human Resources, über Personalentwicklung.

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Personalentwicklung

personalSCHWEIZ: Herr Krienbühl, was bedeutet für Sie Personalentwicklung?

Markus Krienbühl: Entwicklung bedeutet für mich, Organisationen und Menschen erfolgreich zu machen. Um als Unternehmen auch in Zukunft erfolgreich zu sein, müssen wir Veränderung als Konstante unserer Strategie akzeptieren. Die Digitalisierung spielt dabei eine zentrale Rolle. Für uns als Organisation bedeutet dies, dass wir agil und veränderungsfähig sind. Im Zentrum steht dabei der Mensch. Menschen machen Strategien erfolgreich. Dabei sind Veränderungswille und Lernfähigkeit die entscheidenden Voraussetzungen für die persönliche Entwicklung und den Erfolg von uns als Unternehmen. Bei Rivella ist Personalentwicklung in erster Linie eine Haltung. Gleichzeitig verstehen wir darunter das Zusammenführen von Organisation, von Struktur und von individuellen Bedürfnissen. Oder anders formuliert: Es ist ein Zusammenspiel von Organisationsentwicklung und individueller Entwicklung. Personalentwicklung muss primär im Alltag verankert sein und thematisiert werden, denn dort soll sie Wirkung zeigen. Es geht nicht darum, diesen oder jenen Kurs zu besuchen, und dann ist das Thema erledigt. Entwicklung findet primär im Alltag statt.

Und was bedeutet dies konkret im Alltag von Rivella?

Entwicklung ist bei uns ein permanentes Thema, und zwar auf beiden ­Seiten. Ständig findet ein Dialog zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden statt. Vorgesetzte müssen verstehen, was der Mitarbeitende für Bedürfnisse hat, wie er weiterkommen und sich entwickeln kann. Mitarbeitende müssen aber auch die Bedürfnisse der Vorgesetzten und die des Unternehmens verstehen. Idealerweise ist dies deckungsgleich. Konkrete Unterstützungsmassnahmen reichen von internen oder externen Kursen bis zu anderen Interventionen wie Teamentwicklung und Coachings.

In welchem Rahmen findet denn der Dialog zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden statt?

Dies geschieht vor allem herkömmlich in Mitarbeitergesprächen. Aktiv fordern wir die Vorgesetzten und die Mitarbeitenden auf, in diesem Gespräch über Entwicklung zu sprechen und sich auszutauschen. Was will ich? Was sind die Ziele? Die relevanten Themen und konkreten Massnahmen müssen dann schriftlich festgehalten werden, damit eine Verbindlichkeit entsteht. Dort können wir als HR die Entwicklung im System verankern und sicherstellen, dass das Thema angesprochen wird. Ob Entwicklung dann auch stattfindet, ist eine andere Frage. Die Thematik der Personalentwicklung muss zwingend in jedem Mitarbeitergespräch behandelt werden. Aber selbstverständlich darf auch ausserhalb der Mitarbeitergespräche darüber geredet werden.

Welchen Stellenwert hat Personalentwicklung in Ihrem Betrieb?

Das Thema gewinnt zunehmend an Relevanz. Wir stellen aber auch fest, dass diese je nach Organisationseinheit unterschiedlich ist. In der Produktion sind es in erster Linie fachliche Themen. Sind die Mitarbeitenden ihren Aufgaben gewachsen? Können sie die Anlagen bedienen? Aspekte, welche im Kontext der Digitalisierung und der fortschreitenden Automatisation immer zentraler werden. Andererseits fördern und unterstützen wir unsere Führungskräfte im Wahrnehmen ihrer Führungsrolle. Insgesamt suchen wir über massgeschneiderte Entwicklungs­lösungen einen Weg, nicht nur die richtigen Leute an Bord zu holen, sondern sie auch zu behalten. Und behalten heisst immer auch entwickeln.

In welchem Bereich haben Sie die grössten Schwierigkeiten, gute Mitarbeitende zu finden? Oder anders gefragt, wo ist Personalentwicklung am wichtigsten im Moment?

Der Aufwand, an die «richtigen» Leute zu kommen, nimmt generell zu. Leute, welche uns nicht nur fachlich überzeugen, sondern auch mit ihren Werten, Haltungen und Ambitionen. Daher ist eine Investition und Förderung der eigenen Mitarbeitenden definitiv sinnvoller, als unser Glück auf dem externen Arbeitsmarkt zu suchen.

Also durch Personalentwicklung den Aufwand für Rekrutierungen gering halten?

Unser primäres Ziel ist es, unter anderem über Personalentwicklung ein attraktiver Arbeitgeber zu sein und damit auch die Fluktuation in vernünftigen Grenzen zu halten. Aufgrund der demografischen Entwicklung werden in den kommenden Jahren zudem die geburtenstarken Jahrgänge aus dem Arbeitsprozess ausscheiden. Gleichzeitig wird es weniger Junge geben, welche in den Arbeitsprozess eintreten. Der Kampf um die besten Talente wird sich verschärfen, viele Unternehmen werden um dieselben Leute kämpfen. Es ist besser, gut zu den eigenen Leuten zu schauen, ihnen ein Arbeitsumfeld zu bieten, das auf ihre Bedürfnisse eingeht. Da gehört auch Entwicklung dazu. Das wird sich herumsprechen. Zufriedene Mitarbeitende sind die besten Botschafter.

Wie stellen Sie überhaupt Entwicklungspotenzial fest?

Auf der individuellen Ebene primär im Rahmen der Mitarbeitergespräche. Strategisch und organisatorisch stellen sich Fragen, welche Kompetenzen zukünftig benötigt werden, um unsere strategischen Ziele zu erreichen, oder wie wir die Veränderungsfähigkeit und Agilität unserer Organisation fördern und stärken. Vor drei Jahren haben wir auf Stufe Geschäftsleitung eine Initiative gestartet: zweimal im Jahr tauschen wir uns zu personellen Themen aus. Jeder in der Geschäftsleitung macht eine Einschätzung, wie die Nachwuchspipeline ausschaut in seinem Verantwortungsbereich. Können wir Ausfälle kompensieren, haben wir genügend Nachwuchs kurz und mittelfristig? Gleichzeitig schaffen wir so auch mehr Transparenz untereinander in Bezug auf Entwicklungsbedürfnisse und für Mitarbeitende, die sich verändern wollen, also beispielsweise in andere Bereiche wechseln möchten. Das Verständnis untereinander wird so grösser in Bezug auf personelle Themen.

«Die richtigen Leute holen und behalten. Und gute Mitarbeitende zu behalten, heisst immer auch entwickeln.»

Wie ist die Personalentwicklung bei Rivella organisiert? Gibt es eine eigene Abteilung dafür oder macht das jeder Bereich autonom?

Personalentwicklung ist Teil des Aufgabenportfolios der HR-Beratenden. Wir haben nicht die Grösse, um eine Stelle zu unterhalten, die sich nur mit Personalentwicklung beschäftigt. Wir erwarten aber auch, dass sich die Linienverantwortlichen mit hoher Priorität mit dem Thema Personalentwicklung beschäftigen. Linien­verantwortliche und HR besprechen und entscheiden dann zusammen, wer welche Entwicklungsmassnahmen benötigt. Über zur Wahrnehmung einer Rolle benötigte fachliche Entwicklungsbedürfnisse und -massnahmen entscheiden die Linienverantwortlichen autonom. Dafür verfügen sie über ein eigenes Budget. Die Vorgesetzten können am besten beurteilen, wer was benötigt.

Gibt es nie Konflikte zwischen den Abteilungen und dem HR?

Eigentlich nicht, das funktioniert recht gut. Die Kompetenzen sind so weit klar geregelt. Geht es um die Übernahme einer neuen zukünftigen Rolle eines Mitarbeitenden, sprechen das die Linie und das HR gemeinsam ab. Dies gilt auch, wenn es darum geht, in welcher Form wir uns finanziell/zeitlich an einer Ausbildung beteiligen können oder nicht.

Gibt es spezielle Programme für Führungs- und Fachkräfte?

Standardisiert ist beispielsweise der ganze Einführungsprozess für neue Mitarbeitende. Aspekte wie das Kennenlernen der Kultur von Rivella oder das Erlernen von Führungsinstrumenten sind für ­alle gleich. Weiter unterstützen wir die Führungskräfte im Wahrnehmen ihrer Führungsrolle, indem wir punktuell, gezielt und sehr praxisbezogen an Führungsthemen arbeiten oder uns auch mit unternehmenskulturellen Themen beschäftigen. Für alle weiteren möglichen Entwicklungsthemen oder -bedürfnisse suchen wir eher nach individuellen Lösungen. Dies auch deshalb, weil wir mit knapp 300 Mitarbeitenden nicht über die Grösse verfügen, wo es Sinn machen würde, ein standardisiertes internes Ausbildungsprogramm anzubieten.

Was für konkrete Massnahmen ­ergreifen Sie, um Ihr Personal zu ­entwickeln?

Wollen wir als Unternehmen und auch als Mensch erfolgreich sein, geht es darum, die Vorgesetzten und die Mitarbeitenden zu sensibilisieren, sich eigenverantwortlich mit dem Thema «Entwicklung» zu beschäftigen, sich darüber auszutauschen, einander Feedback zu geben und das Thema im Alltag zu integrieren. Dabei soll HR mit den Linienverantwortlichen im Dialog stehen und das Thema ansprechen.

Eigene Fachkräfte ausbilden oder Fachkräfte rekrutieren – auf welche Karte setzt Rivella?

Wir setzen primär auf die interne Karte. Gibt es eine vakante Stelle, sehen wir uns zuerst intern um. Haben wir jemanden, dem wir den nächsten Schritt anbieten können? Aber klar ist auch: Manchmal müssen wir uns extern umsehen. Den Grundstein für unseren Nachwuchs legen wir in der Berufsbildung, die bei uns einen hohen Stellenwert hat. Auch Abgänger von Hochschulen bieten wir Möglichkeiten, um ins Berufsleben einzusteigen. Vor allem im Verkaufs- und Marketingbereich rekrutieren wir so Nachwuchskräfte.

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