Experten-Interviews

Juni 2022

Kommunikation, Konfliktmanagement und Teamentwicklung: «Unsere Branche ist enorm kreativ und sinnlich»

Die Ursachen für Konflikte am Arbeitsplatz sind vielfältig. Stress, fehlende Wertschätzung oder unzureichende Kommunikation können genauso zu Unstimmigkeiten führen wie eine allgemeine Unsicherheit, ausgelöst etwa durch das Coronavirus. Als Head HR und Mitglied der Geschäftsleitung beim schweizweit tätigen Gastronomieunternehmen Bindella hat Monika Farmer die Folgen der Pandemie hautnah miterlebt. Wir sprechen mit ihr über Herausforderungen, unterschiedliche Backgrounds und Lichtblicke bei ihrer Arbeit. Wie sie Konflikten am Arbeitsplatz begegnet und warum sie Wert auf eine transparente Kommunikationskultur legt, verrät sie im Interview.

Von: Dave Husi   Teilen  

Dave Husi

Dave Husi ist Chefredaktor von personalSCHWEIZ.
Zuvor hat er bei einem Medien-Startup Gründerluft geschnuppert und war bei einem Fachverlag im Medizinbereich journalistisch tätig.

Kommunikation, Konfliktmanagement und Teamentwicklung

Monika Farmer, Sie sind seit über zehn Jahren HR-Leiterin bei Bindella. Was schätzen Sie besonders an Ihrer Arbeit?
Ich mag besonders das lebendige Umfeld in der Gastronomie. In unserer Branche ist es möglich, den Austausch mit Menschen ins Zentrum zu stellen, das Potenzial zu entdecken und es zu fördern. Ebenfalls brenne ich für die aktive Mitgestaltung der Unternehmensentwicklung, welche auch stark aus der HR-Sichtweise geprägt wird.

Zu Bindella gehören über 40 Restaurants, verteilt über die ganze Schweiz. Wo essen Sie selbst am liebsten?
Schwierige Frage (lacht). Aber wenn ich mich entscheiden müsste, wäre es vermutlich das Verdi Ristorante in Bern. Die besondere Atmosphäre und das hervorragende Essen aus der «Emilia Romagna» begeistern mich immer wieder aufs Neue. Ebenfalls finde ich grossartig, dass ich mir in der restauranteigenen Vinothek den passenden Wein aussuchen kann.

Die Pandemie hat uns alle in irgendeiner Form beeinflusst. Die Gastrobranche bekam die Folgen aber besonders deutlich zu spüren. Wie gross war für Sie die Erleichterung, als Ihre Restaurants nach der langen Zwangspause im letzten Jahr wieder öffnen durften?
Sehr gross. Ich habe mich insbesondere für unsere Mitarbeitenden gefreut, welche nach dieser bangen Zeit endlich wieder arbeiten gehen durften. Auch ich persönlich habe die Begegnungen mit ihnen sehr vermisst.

Zwar gab es seit Ende Mai 2021 keine Schliessungen mehr, aber die Einführung der Zertifikatspflicht brachte neues Konfliktpotenzial mit sich. Was waren die grössten Herausforderungen in dieser Zeit?
Aus der Sicht unserer Gäste konnte man nicht oder nur beschränkt zusammen essen gehen, wenn nicht alle den gleichen «Impfstatus» hatten. Aus unserer Sicht haben die Restriktionen zu einem Mehraufwand in den Betrieben geführt. Zur Umsetzung der Schutzkonzepte und Zertifikatskontrollen mussten temporäre Mitarbeitende eingestellt werden; aber auch Hauptsitz-Mitarbeitende haben freiwillig ausgeholfen, um während dieser schwierigen Zeit die Teams vor Ort zu unterstützen.

Wie war die Stimmung im Team?
In den Teams in unseren Ristoranti war die Freude gross, wieder arbeiten zu können. Die Begeisterung, das Team wieder um sich zu haben und Gäste zu begrüssen, war deutlich spürbar.

Gab es Konfliktsituationen?
Unsere Teams bestehen aus verschiedenen Charakteren, welche verschiedene Ansichten haben. Wie auch in der breiten Bevölkerung gab es Impfbefürworter und solche, welche eine Impfung abgelehnt haben und bis heute ablehnen. Dieses Thema sorgte punktuell für Zündstoff.

Wie sind Sie damit umgegangen?
Die Unternehmensleitung hat sich diesem Thema angenommen und hat sich in einer Videobotschaft für eine Impfung ausgesprochen – dies natürlich auf freiwilliger Basis. Diese Botschaft zielte auch darauf ab, zu beruhigen und zu informieren.

Hat sich das Verhalten der Gäste seit Corona verändert?
Eigentlich nicht. Anfänglich waren viele Gäste noch zurückhaltend, wieder Restaurants zu besuchen. Aktuell verzeichnen wir jedoch wieder ähnliche oder sogar bessere Umsätze als vor der Pandemie, was darauf schliessen lässt, dass die Menschen ein gewisses Nachholbedürfnis haben, was uns natürlich sehr freut.

Mangelhafte Kommunikation und dadurch ausgelöste Missverständnisse begünstigen die Entstehung von Konflikten. Was für einen Stellenwert hat Kommunikation in Ihrem Unternehmen?
Einen sehr grossen. Durch regelmässige Briefings, Teamsitzungen und Teambuilding-Anlässe fördern wir eine transparente Kommunikationskultur. Unternehmensübergreifende Informationen verbreiten wir meist mithilfe unseres internen Kommunikationstools «Beekeeper». So informiert zum Beispiel unsere Unternehmensleitung via Videobotschaften regelmässig über aktuelle Themen.

Wie man hört, herrscht in Restaurantküchen teils ein rauer Umgangston. Von brüllenden Chefs und herumfliegenden Kochtöpfen wird berichtet. Entspricht dieses Bild der heutigen Realität, oder sind dies Zustände aus einer längst vergangenen Zeit?
Bei uns ist der Umgangston nicht rau, sondern italienisch (lacht). Wir schulen unsere Führungskräfte und Küchenchefs auf eine wertschätzende Kommunikation, wobei auf einen respektvollen Umgang miteinander besonderes Augenmerk gelegt wird. Wir haben eine Fachperson, welche sich vollumfänglich um Schulung und Coaching unserer Mitarbeitenden kümmert. Des Weiteren bin ich persönlich zur eidg. dipl. betrieblichen Mentorin ausgebildet und gebe mein Know-how gerne weiter.

Welche Rolle spielt Konfliktmanagement in den Schulungen?
Eine grosse. Wir schulen den Umgang mit Konflikten und die Förderung der Teamentwicklung aufgrund von Mitarbeiteranfragen und einer individuellen Bedürfnisevaluation. In diesen Prozess sind unsere Geschäftsführungen stark eingebunden. Können Konflikte einmal nicht vom Geschäftsführer respektive von der Geschäftsführerin gelöst werden, schalten sich unsere HR-Bereichsverantwortlichen mit ein, um zu unterstützen.

Ein gut eingespieltes Team kann auch mit herausfordernden Situationen und Konflikten besser umgehen. Wie sorgen Sie bei Bindella für eine gute Teamkultur?
Wir haben eine ganze Reihe von Anlässen, welche die Teamkultur pflegen. So begrüssen wir beispielsweise unsere neuen Mitarbeitenden an einer Unternehmenseinführung, wo das Leitbild und die Vision von Bindella vorgestellt werden. Andererseits laden wir am sogenannten «La vita è bella-Tag» mehrmals jährlich unsere Mitarbeitenden ein, ein betriebsübergreifendes Kennenlernen zu fördern. Kaderreisen tragen ebenfalls dazu bei, dass sich unsere Führungskräfte austauschen und gegenseitig inspirieren können.

Worauf achten Sie bei der Zusammensetzung der Teams in Ihren Betrieben?
Eine möglichst hohe Diversität ist uns sehr wichtig. Alle Teams profitieren davon, einen guten Mix aus Alter, Geschlechter, Sprachen und Kulturen zu haben.

Welche ist Ihre eigene Führungsphilosophie?
Ich würde sagen, ich führe sehr wertschätzend. Dabei lege ich Wert darauf, die Theorie der «positiven Psychologie» anzuwenden, indem ich Dinge mache, die mir Freude bereiten und so meine Stärken nutzen kann. Gerne fördere und fordere ich gleichermassen und nutze die Stärken der einzelnen Individuen.

Übernehmen Sie als HR-Leiterin auch manchmal die Vermittlerinnenrolle bei Konflikten?
Ja, insbesondere bei Konflikten, die in der Eskalation schon fortgeschritten sind, oder bei Kaderkonflikten.

Verraten Sie uns Ihr Rezept, wie Sie Meinungsverschiedenheiten oder Auseinandersetzungen für alle Parteien zufriedenstellend lösen oder zumindest entschärfen können?
Alle an einen Tisch setzen und transparent die eigenen Sichtweisen schildern lassen. Dabei müssen beide Parteien zu Wort kommen. Mit Ich-Botschaften arbeiten. Verbindliches Ziel setzen, Einverständnis abholen und Datum für eine Überprüfung festlegen.

Dies ist eine gekürzte Fassung des Interviews. Lesen Sie das ganze Gespräch in der aktuellen Printausgabe.

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