Experten-Interviews

Ausgabe November 07/2013

Generation Y: Die Jungen von heute wollen alles sofort

Generationenkonflikte erschweren den Arbeitsalltag. Die auf Generationenfragen spezialisierte Managementvordenkerin Tamara J. Erickson erläutert die Unterschiede und Missverständnisse zwischen Alt und Jung.

Von: Wolf-Dietrich Zumach   Teilen  

Wolf-Dietrich Zumach

Wolf-Dietrich Zumach ist nach diversen Führungspositionen in Verlagen seit 2004 selbständiger Berater für Medienunternehmen. Als Entwickler und Ideengeber hat er ein starkes Interesse für innovative Querdenker und Businessideen. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Verlags-Know how und hat seit 2007 für WEKA Business Media schon weit über 100 Fachinterviews im Print-, Audio- und Videoformat durchgeführt und produziert.

Generation Y

Tamara J. Erickson, Expertin für Kollaboration, Innovation und die Arbeit in intelligenten Organisationen

personalSCHWEIZ: Frau Erickson, Sie haben bereits verschiedenste Forschungsprojekte zu Generationenkonflikten durchgeführt und untersucht, wie diese den Arbeitsalltag beeinflussen. Woher rührt Ihr Interesse für die Unterschiede zwischen den Generationen?
Tamara J. Erickson: Seit dem Beginn meiner Forschungsarbeit stehen für mich der Aufbau und das Management von erfolgreichen und innovativen Organisationen im Mittelpunkt. Anfangs habe ich mich auf die Produktivität im Bereich Forschung und Entwicklung konzentriert. Ich wollte verstehen, weshalb gewisse Personen innovativer und engagierter sind als andere und warum nicht alle gleich viel Wert auf Zusammenarbeit legen. Mit der Zeit habe ich realisiert, dass es verschiedenste Sichtweisen auf die Arbeit gibt und dass unser Engagement von unterschiedlichsten Motiven angetrieben wird. Diese Beobachtung hat schliesslich dazu geführt, dass ich mich intensiv mit den Unterschieden zwischen den Generationen beschäftigt habe. Dabei interessiert mich vor allem die Frage, inwiefern diese Unterschiede Hinweise auf jene Erwartungen geben, die wir an unsere Arbeit stellen.

Weshalb wird das Generationenmanagement für Unternehmen in Zukunft immer wichtiger?
Im Laufe des nächsten Jahrzehnts müssen sich Arbeitgeber der Herausforderung stellen, dass jüngere Arbeitskräfte immer knapper werden, während der Anteil an älteren Mitarbeitenden laufend zunehmen wird. In vielen Branchen wird gleichzeitig auch das Ungleichgewicht zwischen den benötigten und den vorhandenen Fähigkeiten immer grösser. Künftig wird es deutlich schwieriger, die für den Geschäftserfolg notwendigen Talente zu finden. Aus diesen Gründen ist es besonders wichtig, dass sich Unternehmen in Zukunft die ganze verfügbare Arbeitskraft zunutze machen und Mitarbeitende über alle Generationen hinweg berücksichtigen.

Welche Generationen lassen sich auf dem gegenwärtigen Arbeitsmarkt unterscheiden?
Ich möchte vorausschicken, dass sich Generationen niemals trennscharf voneinander unterscheiden lassen. Zudem gibt es auch kein global gültiges Generationenmodell, da die Generationen von Land zu Land unterschiedlich ausgeprägt sind, wobei es aufgrund der fortschreitenden Globalisierung bei den jüngeren Generationen weltweit grössere Ähnlichkeiten gibt. Unter diesen Vorbehalten lassen sich heute grundsätzlich vier Generationen voneinander unterscheiden: Zunächst einmal die Traditionalisten, die zwischen 1928 und 1945 geboren wurden. Darauf folgen die Babyboomer, die zwischen 1946 und 1960 auf die Welt gekommen sind. Auf sie folgt die Generation X, deren Mitglieder zwischen 1961 und 1979 geboren wurden. Die jüngste Generation ist schliesslich die Generation der zwischen 1980 und 1995 Geborenen, die sogenannte Generation Y. Jede dieser vier Generationen hat sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, wie die Welt funktioniert, wem man vertrauen kann, wie man sich gegenüber Autoritätspersonen verhalten soll und was ein erfolgreiches Leben ausmacht.

«Jede Generation hat sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, wie die Welt funktioniert, wem man vertrauen kann, wie man sich gegenüber Autoritätspersonen verhalten soll und was ein erfolgreiches Leben ausmacht. »

Welches sind die zentralen Eigenschaften der Traditionalisten?
Die Traditionalisten sind in einer Welt voller Möglichkeiten aufgewachsen. Eine zentrale Triebfeder für die Lebensgestaltung dieser Generation war es, dass sie am wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegsjahre teilhaben wollte. Ihr Ziel war es, Teil des Establishments zu werden und von den finanziellen Belohnungen zu profitieren, die das Wirtschaftswachstum in Aussicht stellte. In Bezug auf die Arbeit zeichnen sich die Mitglieder dieser Kohorte (A.d.R.: Der Begriff Kohorte bezeichnet in der Sozialwissenschaft eine bestimmte Gruppe von Jahrgängen, die der Abgrenzung von Bevölkerungsgruppen dienen) dadurch aus, dass sie ein grosses Bedürfnis haben, Institutionen anzugehören. Traditionalisten fühlen sich grundsätzlich wohl in Hierarchien und haben gegenüber Autoritätspersonen Respekt und Vertrauen. Man kann sie als «Regelmacher» und Konformisten bezeichnen. Sie zeichnen sich durch ihr Streben nach Sicherheit aus und lassen sich in erster Linie durch finanzielle Belohnungen motivieren.

Inwiefern unterscheiden sich die Babyboomer von den Traditionalisten?
Die Babyboomer haben zur Welt, in der sie aufgewachsen sind, eine kritischere Beziehung wie die Traditionalisten. Sie haben ihr Umfeld nicht mehr als heile Welt wahrgenommen und ihr Bedürfnis, die Gesellschaft zu verändern, war deshalb gross. Autoritätspersonen sind den Babyboomern grundsätzlich suspekt und sie vertrauen ihnen nicht mehr so uneingeschränkt wie die Traditionalisten. Die Babyboomer zeichnet eine anti-autoritäre und idealistische Einstellung aus. Ihr Heranwachsen war von einem wachsenden Konkurrenzdruck gekennzeichnet. Sie sind die bisher grösste Peergroup (A.d.R. eine Gruppe von Ähnlich-Altrigen oder Gleichgestellten) und mussten sich deshalb ihr Leben lang alles erkämpfen – vom Hortplatz über den Studienplatz bis hin zum ersten Job. Babyboomer sind kompetitiv, denn sie sind es gewohnt, hart für den Erfolg zu arbeiten.

Welche Eigenschaften sind typisch für die Generation X?
In Bezug auf die Arbeit zeichnet die Generation X eine grosse Eigenverantwortlichkeit und ein gewisses Misstrauen gegenüber Institutionen aus. Die Annahme, dass man in erster Linie für sich selbst und nicht für eine Institution sorgen muss, ist tief in dieser Generation verankert. Dies rührt daher, dass sich in den späten 70er- und in den frühen 80er-Jahren die Beziehungen zwischen Institutionen und Individuen stark verändert haben. Überhaupt wurde die Generation X beim Heranwachsen mit grossen sozialen Veränderungen konfrontiert. Die Regeln der Computerspiele, die ihre Jugend geprägt haben, widerspiegeln sich auch in ihrer Lebensauffassung. Mitglieder der Generation X beachten Regeln, solange diese für sie Sinn machen. Sobald sich jedoch eine Regel in einer bestimmten Situation nicht anwenden lässt, verändert die Generation X die Spielregeln eigenhändig. Die Vertreter dieser Generation betrachten sich gegenseitig als «Stammesgenossen», sie sind extrem loyal gegenüber ihren Freunden und sind zudem sehr engagierte Eltern.

Und was zeichnet die jüngste Gruppe aus, die Generation Y?
Die Generation Y hat das Bedürfnis, jeden Tag bis zum Letzten auszukosten. Ihre Vertreter gehören zu den sogenannten Digital Natives, die mit dem Internet aufgewachsen sind. Entsprechend unmittelbar sind ihre Erwartungen. Sie wollen alles sofort – hier und jetzt. Die Generation Y fühlt sich stark mit der Familie verbunden und viele ihrer Mitglieder sehen ihre Eltern als Vorbilder und Freunde an. Sie haben ein grosses Selbstbewusstsein, aber auch ein ausgeprägtes soziales Bewusstsein und sind sehr tolerant. Im Gegensatz zu den Babyboomern und zur Generation X hat die Generation Y das Vertrauen in Autoritäten wiedergefunden. Ihre Vertreter sind sehr zielstrebig und messen dem Lernen einen hohen Stellenwert bei. Das Einkommen und der soziale Status haben in ihrem Leben keine Priorität. Wichtiger sind ihnen ihr soziales Umfeld, ihr Land und der Planet, auf dem sie leben – kurz die Qualität des Lebens, für das sie sich entscheiden.

«Das Einkommen und der soziale Status hat im Leben der Mitglieder der Generation Y keine Priorität. Wichtiger sind ihnen ihr soziales Umfeld, ihr Land und der Planet, auf dem sie leben – kurz die Qualität des Lebens, für das sie sich entscheiden.»

Weshalb unterscheiden sich die Haltungen dieser vier Generationen so stark?
Eine Generation wird von den Erfahrungen geprägt, die im Alter zwischen 11 und 14 Jahren gemacht werden. Die Untersuchungen des Entwicklungspsychologen Jean Piaget zeigen, dass Kinder in den frühen Teenagerjahren damit beschäftigt sind, den Ereignissen und den Ideen, die sie in ihrer Umwelt vorfinden, einen Sinn abzuringen. Die Schlussfolgerungen, die sie aus diesen Erfahrungen ziehen, beeinflussen, was sie im weiteren Verlauf ihres Lebens wertschätzen, mit welchen Massstäben sie Erfolg messen, wem sie vertrauen und welche Prioritäten sie in ihrem Leben setzen. Auch die Rolle, welche die Arbeit in ihrem Leben spielt, wird in dieser Zeit massgeblich geprägt. Um aus ihren Erfahrungen Sinn gewinnen zu können, bauen Heranwachsende kognitive Strukturen auf – mentale Landkarten. Weil in diesen prägenden Jahren jede Generation andere Ereignisse miterlebt, ist es logisch, dass jede Generation unterschiedliche Eindrücke der Welt gewinnt und deshalb bis zu einem gewissen Grad auch nach anderen Regeln funktioniert.

Welches sind typische Missverständnissen und Vorurteile bei der Zusammenarbeit dieser vier Generationen?
Besonders gross sind die Unterschiede, was die Erwartungen an die zeitlichen und örtlichen Dimensionen der Arbeit betrifft. Ältere Generationen begannen ihre Karriere, als Arbeit jene Zeit war, die jemand sichtbar am Arbeitsplatz verbracht hat. Diese Sichtweise ist ein Produkt der industriellen Produktion, in der von Mitarbeitenden erwartet wurde, dass sie pünktlich am Fliessband stehen. Im Gegensatz dazu sehen die von mobilen Kommunikationstechnologien geprägten jüngeren Mitarbeitenden die Arbeit als etwas an, das man jederzeit und überall erledigen kann. Die Generation Y empfindet die Starrheit fester Arbeitszeiten als ein Relikt vergangener Zeiten. So entstehen rasch Missverständnisse  zwischen den Generationen, wenn es um Fragen geht wie z.B. folgende: Ist jemand, der seine Arbeit um halb 10 morgens beginnt, automatisch weniger fleissig als jemand, der um halb 9 beginnt? Und spielt es eine Rolle, ob jemand im Büro, zu Hause oder irgendwo sonst arbeitet?

«Ältere Generationen begannen ihre Karriere, als Arbeit jene Zeit war, die jemand sichtbar am Arbeitsplatz verbracht hat. Im Gegensatz dazu sehen die jüngeren Mitarbeitenden die Arbeit als etwas an, das man jederzeit und überall erledigen kann.»

Welche Missverständnisse gibt es, was die Kommunikation betrifft?
Die unterschiedlichen Kommunikationsansätze der Generationen rufen sehr häufig Missverständnisse hervor. Jüngere Generationen fühlen sich nicht nur wohler im Umgang mit elektronischer Kommunikation als Mitglieder älterer Generationen, sie sind auch verärgert, wenn Mitteilungen nicht umgehend beantwortet werden. Auf der anderen Seite haben Teammitglieder älterer Generationen Mühe damit, wenn es in einem Team zu wenig Face-to-Face-Interaktion gibt.

Wo liegen weitere Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit von Jung und Alt?
Jüngere und ältere Generationen haben häufig Mühe, ihre Zusammenarbeit zu synchronisieren. Es kann eine grosse Herausforderung darstellen, herauszufinden, in welchem Rahmen jüngere und ältere Mitarbeitende zusammenkommen können. Während man die Vertreter der Babyboomer und der Generation X als Planer bezeichnen kann, verstehen sich die Vertreter der Generation Y als Koordinatoren. Erstere sind oft verärgert über die Ad-hoc-Ansätze der letzteren, welche wiederum die Vorliebe der älteren Kollegen für langfristig angesetzte Termine als ineffizient, träge und frustrierend empfindet.

«Während man die Vertreter der Babyboomer und der Generation X als Planer bezeichnen kann, verstehen sich die Vertreter der Generation Y als Koordinatoren. Erstere sind oft verärgert über die Ad-hoc-Ansätze der letzteren, welche wiederum die Vorliebe der älteren Kollegen für langfristig angesetzte Termine als frustrierend empfinden.»

Gibt es generationenspezifische Unterschiede, was das Lernen betrifft?
Die vier Generationen unterscheiden sich grundsätzlich in der Art, wie sie an neue Aufgaben herangehen und wie sie die notwendigen Informationen beschaffen. Babyboomer und Traditionalisten lernen linear: Sie möchten Weiterbildungskurse besuchen, Anleitungen lesen und Informationen von Experten erhalten, bevor sie sich an eine neue Aufgabe machen. Die Generation X verlässt sich hingegen stark aufs Internet. Die Generation Y kennzeichnet das On-Demand-Lernen: Ihre Mitglieder finden von selbst heraus, wie etwas funktioniert, und wenn sie nicht mehr weiterwissen, wenden sie sich an die Leute, die ihnen die entsprechenden Informationen geben können.

Welche Missverständnisse gibt es bei der Feedbackkultur?
Feedback hat in der heutigen Arbeitswelt zwei unterschiedliche Bedeutungen. Babyboomer erwarten, dass ein Feedback des Chefs eine Beurteilung der Perfomance des Mitarbeitenden bedeutet, bei welcher der Vorgesetzte ein Urteil über die Leistung des Mitarbeitenden fällt. Dies ist nicht etwas, das auf einer täglichen, wöchentlichen oder gar monatlichen Basis passiert, sondern nur ein- oder zweimal im Jahr. Weil nun aber die Generation Y vor allem durch persönliche Interaktionen lernt, kommt immer auch ein Bedürfnis zu lernen zum Ausdruck, wenn ein Vertreter dieser Generation sagt: «Ich hätte gerne mehr Feedback.» Die Generation Y sucht nach Ideen, Inputs, Vorschlägen und Coaching und schätzt deshalb regelmässiges Feedback.

Gibt es noch weitere Missverständnisse zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden unterschiedlicher Generationen?
Häufig kommt es zu Missverständnissen, was Arbeitsanweisungen und Vereinbarungen betrifft. Die Generationen haben sehr unterschiedliche Erwartungen, wer wie oft und in welcher Form Anweisungen erhalten soll. Manager der Generation der Babyboomer und Generation X führen gegenüber Vertretern der Generation Y oft das Argument ins Feld, dass sie – wie sie selbst auch – erst ihre Lektion lernen müssen, bevor sie etwas bewirken können. Damit gehen sie das Risiko ein, dass sie motivierte junge Mitarbeitende, die sofort etwas bewirken wollen, vergraulen.

Wie können Unternehmen Generationenkonflikte vermeiden?
Ein einfacher und effektiver Weg, um Teams die Zusammenarbeit zu erleichtern, ist es, grundsätzliche Regeln und Normen für gewisse Themen zu etablieren, die leicht zu Missverständnissen zwischen den Generationen führen können. Dabei liegt der Schlüssel für den Erfolg darin, nicht eine Sichtweise als richtig und eine andere als falsch zu erklären. Vielmehr geht es darum, die unterschiedlichen Erwartungen offen auszudiskutieren und sicherzustellen, dass alle Mitarbeitenden mit den vereinbarten Normen einverstanden sind oder diese zumindest nachvollziehen können. Das Ausdiskutieren der generationenspezifischen Unterschiede und die Einigung auf einen betriebsfähigen Ansatz können sehr hilfreich sein. Ein weiterer empfehlenswerter Ansatz ist es, ein sicheres Umfeld aufzubauen, das es auch älteren Generationen ermöglicht, neue Ansätze kennenzulernen und mit neuen Technologien umzugehen. Zudem kann man mit Koordination experimentieren und spezifische Aktivitäten identifizieren, mit denen generationenübergreifende Beziehungen aufgebaut werden können. Das Wichtigste dabei ist, dass die Unternehmensführung den Nutzen, den unterschiedliche Perspektiven für die Teamarbeit bringen, schätzen lernt.

Sie sagen, dass viele Organisationen kollaborative Networking-Technologien nutzen, diese aber in vielen Fällen nicht richtig funktionieren. Weshalb scheitert die technologiebasierte Zusammenarbeit zwischen den Generationen so oft?
Viele Unternehmen erwarten auch, dass trotz des Einsatzes moderner technischer Mittel mit alten organisatorischen Modellen und Methoden gearbeitet wird. Darüber hinaus ist der Irrglaube weitverbreitet, das Management könne die Belegschaft zur Zusammenarbeit anleiten. Jeder dieser vier genannten Fehler führt dazu, dass kollaborative Systeme nicht optimal angenommen und genutzt werden. Entweder die Leute benutzen das System nicht oder sie verwenden es, ohne dass dies einen positiven Einfluss auf das hat, was zählt: Produktivität, Innovation und Engagement. Eine gute Adaption der Technologie zu erreichen und einen positiven Effekt auf die Produktivität und die Innovation zu erzielen, ist eine vielschichtige Herausforderung. Der Erfolg hängt grundsätzlich davon ab, ob ein solches System intelligent entworfen wurde und die menschlichen Verhaltensmuster berücksichtigt. Nötig ist aber auch eine Strategie für die Kollaboration, die Applikationen, Prozesse und Strukturen auswählt, die ein gleichgerichtetes Verhalten ermutigen und ein uneingeschränktes Engagement hervorrufen. Trotz der Komplexität dieser Herausforderung ist es erfolgskritisch, auf die Adaption kollaborativer Technologien hinzuarbeiten, da solche Netzwerke einen fundamentalen Schritt in Bezug auf die Produktivität ermöglichen, sofern eine Organisation es versteht, sie geschickt zu nutzen.

«Die Vertreter der Re-Generation werden beim Umdenken und Erneuern Verantwortung zeigen und sich im Umgang mit Ressourcen in Zurückhaltung üben. Sie werden sparen, leihen, teilen und recyceln.»

Eines Ihrer jüngsten Forschungsprojekte fokussiert auf die jüngste Generation, die nach 1995 geboren wurde. Welches sind die Attribute und die Erwartungen dieser Kohorte, die Sie die Re-Generation nennen?
Die jungen Leute von heute stehen auf dem Boden der Tatsachen, kennen die Grenzen des Wachstums und haben mobile Technologien mit der Muttermilch aufgesogen. Sie zeigen Verantwortung und Engagement im Umgang mit unseren Ressourcen und sind von einer Art fiskalischem Konservativismus geprägt. Ihnen ist eine angeborene Freude am Kompromiss eigen und sie verlassen sich unbewusst auf die allgegenwärtige Konnektivität. Diese Bedingungen haben ihre prägenden Jahre bestimmt – gerade als der Optimismus der Erwachsenen von der Einsicht getrübt wurde, dass wir an verschiedensten Fronten mit scheinbar unlösbaren Problemen konfrontiert sind. Die Vertreter der Re-Generation verfügen über eine geistige Landkarte, die auf einer Welt basiert, in der es keine einfachen Antworten gibt. Sie wurden von der Rezession beeinflusst und sorgen sich um die finanzielle Situation der Länder, in denen sie leben, selbst wenn sie die Details nicht verstehen. Sie kümmern sich um die Umwelt und verstehen, dass unsere Ressourcen beschränkt sind. Ihre Geografielektionen haben ihnen die Wichtigkeit der Rolle aufgezeigt, welche die Ressource Wasser in Zukunft spielen wird. Zudem sind sie ständig von mobilen Technologien umgeben. Es ist eine Generation von Realisten und Pragmatikern. Wahrheit, Erhaltung, Ausgleich und Balance sind ihre Themen. Die Vertreter der Re-Generation werden beim Umdenken und Erneuern Verantwortung zeigen und sich im Umgang mit Ressourcen in Zurückhaltung üben. Sie werden sparen, leihen, teilen und recyceln. So werden sie hoffentlich die Herausforderungen im Umgang mit erneuerbaren Energien meistern und die Kohlenstoffemissionen reduzieren.

Wie können Unternehmen sich auf diese nächste Generation vorbereiten?
Die Re-Generation geht davon aus, dass Arbeitsprozesse soziale Netzwerktechnologien beinhalten. Die Unternehmen müssen deshalb ihre Prozesse überdenken, um neue Technologien nutzenbringend miteinbeziehen zu können. Die Re-Generation wird auch schwierige Fragen über die sozialen, ökologischen und finanziellen Grundsätze von Unternehmen stellen, wobei sich die Mitglieder dieser Generation für jene Firmen entscheiden, die vorbildliche Verhaltensweisen an den Tag legen.

Zur Person

Tamara J. Erickson ist eine renommierte Expertin für Kollaboration, Innovation und die Arbeit in intelligenten Organisationen. Die US-Amerikanerin ist Gewinnerin des McKinsey-Awards und wurde von der London Times im Rahmen des Rankings «Thinkers 50» zweimal als eine der wichtigsten Management-Vordenkerinnen ausgezeichnet. Erickson hat eine Trilogie von Büchern über Generationenfragen verfasst: «Retire Retirement», «What’s Next, Gen X?» und «Plugged In». Zurzeit arbeitet sie an einem vierten Buch über die Generation der heute unter 17-Jährigen. Erickson hat einen BA-Titel in Biologie der University of Chicago und einen MBA-Titel der Harvard Graduate School of Business Administration. Sie war im Verwaltungsrat von zwei Fortune-500-Organisationen tätig und ist Gründerin und CEO des Unternehmens Tammy Erickson Associates, das sich auf den Aufbau intelligenter Organisationen spezialisiert hat.
www.tammyerickson.com

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