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Wie HR dazu beitragen kann, dass Mitarbeitende sich an Regelwerke halten: Risikomanagement als Aufgabe des HR?
Wo Menschen zusammenarbeiten, werden täglich Entscheide getroffen – und es kommt entweder zu Fehlern oder Fehlverhalten. Der Mensch ist eben nicht immer nur ein Homo oeconomicus, der stets unter Abwägung aller Vor- und Nachteile sowie unter Einbezug sämtlicher relevanter Informationen im Sinne des Unternehmens handelt. Der Mensch wird in starkem Ausmass auch von den eigenen Emotionen geleitet. Diese Tatsache hat selbst innerhalb der Ökonomenzunft das Forschungsgebiet der Verhaltensökonomik entstehen lassen.
Die Mitarbeitenden können daher als der grösste Risikofaktor eines Unternehmens bezeichnet werden. Nichts lässt sich so schwer regulieren wie das Verhalten von Menschen. Neben den finanziellen Risiken wie z.B. Kreditrisiken, Marktrisiken oder Liquiditätsrisiken spielen auch nichtfinanzielle Risiken eine grosse Rolle im Risikomanagement. Denn diese sind oft mit den finanziellen Risiken verknüpft. Ein wirksames Risikomanagement erfordert daher einen ganzheitlichen Ansatz, der beide Dimensionen sowie deren mögliche Wechselwirkungen und Kaskadeneffekte berücksichtigt. Unternehmen kontrollieren diese in der Regel mithilfe von Strategien und Verfahren, üblicherweise in Form vieler Leitlinien und Regelkataloge. Wenn es zu menschlichem (Fehl-) Verhalten kommt, greifen Reglemente und Weisungen aber nur bedingt. Trotzdem kann so einiges getan werden, um die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Mitarbeitenden an Regelwerke halten, deutlich zu erhöhen, und zwar unter Rückgriff auf Techniken aus der Verhaltenswissenschaft.
Warum kommt es überhaupt zu menschlichem Fehlverhalten?
Es gibt vielfältige Gründe dafür, warum Mitarbeitende sich trotz Regelwerken des Unternehmens nicht an die Regeln halten und somit zum Risikofaktor werden. Fehlverhalten bedeutet nicht automatisch, dass eine Absicht dahintersteckt, sich nicht regelkonform zu verhalten. Zunächst einmal müssen die Mitarbeitenden Kenntnis haben von den Reglementen und/oder Weisungen. Dann sollten diese in einer Art und Weise verfasst sein, dass sie für die Mitarbeitenden möglichst verständlich sind und sie dazu motivieren, das Beschriebene einzuhalten. Unkenntnis, Intransparenz und nicht verständlich formulierte Regelungen sind daher das eine. Das andere gibt es natürlich auch, nämlich das bewusste Ausser-Acht-Lassen von Leitlinien. Dies passiert besonders dann, wenn es entweder Fehlanreize gibt und/oder die Unternehmenskultur den Leitlinien entgegenläuft.
Code of Conduct: Meist ein Ungetüm an Regelwerk
Über einer Vielzahl an themenbezogenen Reglementen steht meist ein übergeordneter «Code of Conduct», ein Verhaltenskodex, der eine Leitlinie bieten soll, entlang derer Mitarbeitende ihr Handeln im Unternehmen ausrichten sollen. Dieser bettet die «harten» Regeln in einen «weichen», wertebasierten Rahmen ein. Viele Reglemente, wie z.B. ein Code of Conduct, sind sehr negativ formuliert, d.h., sie legen ein Augenmerk darauf, was alles verboten ist. Nun weiss man aus der Verhaltenswissenschaft, dass es weitaus erfolgversprechender ist, wenn Regeln in einer Art formuliert sind, die nicht nur gut verständlich sind, sondern auch positiv dazu anleiten, dass die Menschen sich daran halten.
Mismatch zwischen Regelungen und Strukturen
In einigen Unternehmen finden sich jedoch Strukturen, die dem eigentlichen Regelwerk entgegenlaufen – trotz eines wohlformulierten Verhaltenskodexes, der den Mitarbeitenden bekannt ist. Wenn es z.B. ein Incentivierungsmodell gibt, das risikoreiches Verhalten durch hohe Boni belohnt, ergibt der bestformulierte Code of Conduct keinen Sinn. Dieses Problem kann dadurch zustandekommen, dass der Verhaltenskodex in der Regel von der Rechtsabteilung des Unternehmens erlassen wird, Strukturen und Prozesse aber aus unterschiedlichen Einheiten oder Funktionen kommen und es zwischen diesen keine oder wenig Absprache gibt. Aus diesem Grund sollte der Code of Conduct auf sämtliche Strukturen und Prozesse passen und vice versa. Auf diese Passung sollte im besten Fall bereits bei der Entstehung des Regelwerks oder weiterer Regelwerke geachtet werden.
Culture is Key
Hier kommt die Kultur ins Spiel, da auch sie einen grossen Einfluss darauf hat, ob sich die Menschen im Unternehmen an die Regeln halten. Herrscht beispielsweise eine negative Fehlerkultur oder ist das Führungsleitbild von Leistungsdruck, harten ökonomischen Zielen und wenig Vertrauen geprägt, so gibt es eine Dissonanz zwischen eingefordertem Regelwerk, den Strukturen im Unternehmen und der Unternehmenskultur.
Bei der Ausarbeitung und/oder Revision eines Code of Conduct sollte daher darauf geachtet werden, dass dieser möglichst transversal erarbeitet wird, d.h., er sollte nicht nur von der Rechtsabteilung verfasst sein, sondern es sollten auch Kommunikationsspezialisten, Verhaltensökonomen, aber auch HR mit am Tisch sitzen.
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