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Kolumne Juni 2019

Agilität: Sein und Schein

Jeden Monat wirft in unserer Kolumne eine Persönlichkeit aus der HR- und der Wirtschaftswelt einen Blick auf aktuelle Themen und Entwicklungen. Diesen Monat nimmt sich Peter Marines dem Modewort der Stunde an.

Von: Peter Marines   Teilen  

Peter Marines

Peter Marines ist angestellter Organisationsentwickler und freier Agilist.

 

Agilität

Das HR schreibt: Diesen Monat mit Peter Marines, angestellter Organisationsentwickler und freier Agilist

Nehmen Sie ein Post-it. Schreiben Sie die Buchstaben «A», «G», «I» und «L» darauf, am besten in dieser Reihenfolge. Nun kleben Sie das Post-it an einen beliebigen Ort, und Sie werten damit alles auf, woran es kleben bleibt. Agil wird inflationär verwendet. Das erzeugt viel Schein.

Doch wie dringe ich zum Sein vor? Erste Gabelung: In welchem Kontext befinde ich mich, und was für ein Aufgabentyp liegt vor?

Dave Snowden hat 2007 mit seinem Cynefin-Entscheidungsmodell nicht nur auf die kategorisierbare Verschiedenartigkeit von Kontexten hingewiesen (einfach, kompliziert, komplex, chaotisch), sondern gleich noch Handlungsempfehlungen mitgeliefert. In einer komplizierten Umgebung lauten sie «respond with a plan» und in einer komplexen «take action». Agil für komplexe Aufgaben. Klassisch für komplizierte.

Agile Vorgehen sind «inkrementell», «iterativ», «partizipativ», «selbst organisiert» und «teamverantwortlich». Sind diese Eigenschaften erkennbar? Deren zentrales Konstruktionsmerkmal ist Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit ist dann gut, wenn eine Kollaborationsprämie winkt und eingefahren wird. Das macht Freude und unterscheidet ein Zusammenarbeitsteam von einem Nicht-Zusammenarbeitsteam. Das ist die zweite Weiche.

Ein Zusammenarbeitsteam ist eigentlich eine Menschenentwicklungsmaschine. Es gibt keinen Weg daran vorbei; die einzige Möglichkeit ist, zu wachsen. Deshalb ist die Fähigkeit, Feedback zu geben, entscheidend, denn es hellt blinde Flecken auf. Noch wichtiger ist, auf welchen Stufen ein Feedback verarbeitet wird: Empfinde ich es als Belehrung oder Tadel? Höre ich nur dann hin, wenn es mich meinen Zielen näherbringt? Akzeptiere ich es nur, wenn derjenige, der es sagt, mindestens auf gleicher Stufe steht wie ich, oder habe ich eingesehen, dass Feedback zwar unangenehm, jedoch notwendig ist, um das Selbstwissen zu erhöhen? Je höher mein Selbstwissen, desto wirksamer kann ich sein. Das ist das Frühstück der Champions. Gib ein Feedback und schau, auf welcher Stufe es verarbeitet wird, und du kannst Sein von Schein unterscheiden.

Diese Kolumne ist in der Juniausgabe 2019 von personalSCHWEIZ erschienen.

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